“Die Offizierausbildung im Deutschen Heer heute“ – RK WEST am 06.10.2014
Insgesamt rund 3.500 Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr befinden sich derzeit weltweit in 17 Einsätzen sehr unterschiedlicher Natur. Und fast monatlich kommen neue Aufgaben für die Streitkräfte hinzu. Aus den denkbaren neuen Einsätzen, die gerade aktuell diskutiert werden (die Unterstützung im Kampf gegen die Ebola in West-Afrika, die Ausbildungsmission im Irak sowie die Unterstützung der OSZE in der Ost-Ukraine bei der Überwachung der vereinbarten Pufferzonen zwischen den von Russland unterstützten Separatisten und der ukrainischen Armee) wird ersichtlich, welch breites Spektrum an Fähigkeiten unseren Soldaten heute abverlangt wird.
Daher war es von hohem Interesse, zu erfahren, wie die Offiziere der Bundeswehr ausgebildet werden, um den hohen und sehr heterogenen Anforderungen unterschiedlicher Einsatzszenare gerecht werden zu können. Da diese unterschiedlichen Anforderungen in besonderer Weise die Landstreitkräfte betreffen, lag es nahe, die Offizierausbildung am Beispiel des Heeres darzustellen.
Brigadegeneral Christian Westphal, der Kommandeur der Offizierschule des Heeres, zeigte in sehr anschaulicher und eingehender Form auf, wie das Heer seine Offiziere für die Herausforderungen ihres Berufs vorbereitet. Dabei ist die Grundsystematik der Offizierausbildung seit der größeren Umstellung Mitte 2006 unverändert. Seit Anfang 2013 sind die ersten Offiziere, die den gesamten Ausbildungsgang von 79 Monaten durchlaufen haben, in der Truppe.
Neben der angestrebten Handlungs- und Verhaltenssicherheit für den Einsatz wie für den Truppenalltag betonte Brigadegeneral Westphal den Wert von Erziehung und Prägung in der Offizierausbildung und zeigte auf, mit welchen Mitteln und Methoden sie zu erreichen seien. Dabei verhehlte er nicht, dass der mehrfache Wechsel der Verantwortung im Zuge des Ausbildungsgangs, den er detailliert erläuterte, diese Aufgabe nicht erleichtert. Im Grundsatz habe sich die Ausbildungssystematik aber bewährt, auch wenn die Inhalte selbstverständlich von Zeit zu Zeit neuen Einsatzerkenntnissen angepasst werden müssten. Eine einseitige Fokussierung der Ausbildung auf Stablisierumgseinsätze sei jedoch weder zweckmäßig noch vorgesehen. Vielmehr habe sich erwiesen, das die hohen Anforderungen an das Führungskönnen im Gefecht der Verbundenen Waffen eine vorzügliche Grundlage für das Bestehen in Einsätzen jeglicher Art seien.
Angesichts der im Auditorium versammelten Erfahrung in Ausbildungsfragen, u.a. zwei ehemalige Heeresinspekteure, war es nicht verwunderlich, dass sich eine längere und sehr engagiert geführte Ausprache anschloss. Dabei stand zum einen das Studium im Mittelpunkt – sowohl im Hinblick auf die Frage, ob es für jeden Offizier obligatorisch sein müsse, als auch, ob es in den Ausbildungsgang richtig eingeordnet sei. Die lange Dauer eines Master-Studiums, das zudem eine militärische Begleitung der studierenden Offiziere in einem Umfang, wie er ursprünglich im Konzept vorgesehen war, nicht mehr ermöglicht, stellt unvermeidlich eine erhebliche Zäsur in der militärischen Ausbildung dar, die anschließend gewissermaßen eine „Remilitarisierung“ erforderlich macht. Zum anderen wurde die weiterführenden Lehrgänge nach Abschluss der Ausbildung zum Offizier vertiefend dargestellt.
Der Regionalkreis konnte sich glücklich schätzen, mit Brigadegeneral Westphal einen Vortragenden zu haben, der „im Stoff stand“ wie kaum ein anderer und der auch Probleme und Defizite nicht beschönigte, sondern offen ansprach. Für alle Teilnehmer war es eine sehr informative und anregende Vortragsveranstaltung.