RK BAYERN: Die dritte Revolution in der Luftfahrt – RK Bayern besucht TU München

Prof. Dr. Holzapfel bei seinem Vortrag
Prof. Dr. Holzapfel bei seinem Vortrag

Es war eine äußerst kurzweilige Veranstaltung, die wir am 12.11.2019 beim Lehrstuhl Flugsystemdynamik an der Technischen Universität München in Garching verbrachten. Voller Enthusiasmus hat uns Professor Dr. Florian Holzapfel zum Thema: „Unbemannt, Automatisch und Urban – die dritte Revolution in der Luftfahrt“ vorgetragen.

Mit einem Videoclip von einer bemannt fliegenden Badewanne, die von Jugendlichen mit marktverfügbaren Komponenten zusammengebaut war, verdeutlichte er, dass heute Luftfahrzeuge nicht unbedingt große Komplexität bedeuten.

Als Überleitung zur rasanten Entwicklung von Luftfahrtechnologien der letzten Jahre zeigte er am historischen Beispiel – Ersatz der Pferdedroschke durch das Automobil -, wie die disruptive Technologie des Kraftfahrzeugs zwischen 1900 und 1913, innerhalb von nur 13 Jahren, die Pferdedroschke fast vollständig aus dem Stadtbild New Yorks verdrängte.

Der rasante Fortschritt in vielen technologischen Bereichen wie Sensorik, eingebettete Rechnersysteme, elektrische Antriebe, Leistungselektronik und Energiespeicher, Strukturleichtbau oder Navigation oder methodische Innovationen in den Bereichen Simulation, Regelungstechnik, modellbasierte Systementwicklung, virtuelle Prototypen, erlauben plötzlich Mobilitätslösungen, die noch vor 10 Jahren undenkbar gewesen wären.

Dieses Postulat untermauerte er sehr plakativ an ausgewählten Beispielen. Etwa beim Vergleich zweier 100 kW Elektromotoren, wobei das neueste Modell statt 85 Kg nur noch 12 Kg wiege, ein erheblich geringeres Volumen beanspruche und zudem um den Faktor 10 günstiger im Preis sei.  Oder der Tatsache, dass mit der Möglichkeit der gleichzeitigen Nutzung der amerikanischen, europäischen, russischen und chinesischen Navigationssatelliten und deren Frequenzspektren weltweit und ohne weitere Ergänzungen eine Genauigkeit von weniger als einem Meter mit höchster Verfügbarkeit bereitstehe.

Diese aktuelle Phase der Luftfahrt werde von vielen als deren dritte Revolution bezeichnet – sie ist geprägt von Elektrifizierung und Automation. Professor Holzapfel verdeutlichte anhand vielzähliger Beispiele die weltweite Entwicklung von elektrischen Flugzeugen, Senkrechtstartern und Transitionsflugzeugen. Deren Einsatzspektrum ist äußerst breit und es gibt vielzählige völlig neue Anwendungsmöglichkeiten. Der Personentransport im urbanen Bereich und unbemannte Flugsysteme mit einer breiten Spanne ziviler und persönlicher Einsatzprofile sind prominente Beispiele.

Es wurde auch darauf hingewiesen, dass es gerade in Bayern viele Firmen gebe, die sich sehr erfolgreich sowohl im Bereich der Komponentenfertigung wie auch als Gesamtsystemhersteller etabliert haben. Kritisch sei allerdings die fehlende Bereitschaft in Deutschland und Europa für diese neuen Technologien Risikokapital zur Verfügung zu stellen. Eine Folge davon sei, dass Start-ups mit tollen Innovationen es oft nicht schaffen die Marktreife herzustellen und damit nationale Wertschöpfung zu ermöglichen. Große Geldgeber seien z.B. die Chinesen – 90 bzw. 50 Mio US Dollar für die Lufttaxihersteller Lilium und Autoflight X – und die Amerikaner, die neue Entwicklungen viel aufgeschlossener annehmen und fördern.

Professor Holzapfel adressiert auch die Entwicklungen beim Regelwerk sowohl für UAS wie auch für Lufttaxis. Wie bei der bemannten Luftfahrt geht es darum höchste Sicherheitsstandards zu entwickeln, um Sicherheit am Boden und in der Luft zu gewährleisten. Er stellt kurz die deutsche Drohnenverordnung sowie die Regelungen der EASA vor.  Bezogen auf die Lufttaxis stellt er die neuen EASA Regelungen für deren Zertifizierung vor und geht kurz auf den resultierenden Paradigmenwechsel ein. Wechsel vom Design Based Ansatz mit Design Assurance hin zum Performance Based Ansatz mit Safety Assurance.

Anschließend verdeutlicht er in seinem Vortrag wie und wo sich sein Lehrstuhl beim Thema elektrisches und unbemanntes Fliegen engagiert. In den Arbeitsgruppen der bedeutenden internationalen Standardisierungsorganisationen, bei der Entwicklung von Algorithmen für „Simplified Vehicle Operations (SVO) “, bei der Erprobung und beim Testen von UAS und Lufttaxis sowie bei der Herstellung eigener unbemannter Fluggeräte.

Dazu werden bei der Führung zwei konkreter Forschungsvorhaben vorgestellt. Zum einen die Entwicklung von Regelungsalgorithmen für ein Transitionsflugzeug sowie der Simulator für Hardware-in the Loop Erprobung für ein Lufttaxis.

Nach einer intensiven Frage und Antwortrunde stellt er zusammenfassend zu Drohnen und Lufttaxis fest:

  • Fortschritte in anderen Domänen ermöglichen disruptive Innovationen im Lufttransport
  • Sie ergänzen die bestehenden Transportsysteme, tragen sicherlich nicht zur Entlastung im Straßenverkehr bei und sind auch kein Ersatz für die klassische Langstreckenfliegerei
  • Stehen jedermann als Teil neuer multimodaler Transportketten zur Verfügung
  • Es werde vorläufig keine vollautomatischen Einsätze beim Passagiertransport geben. Aber dank SVO vereinfachte Bedienung so dass kein vollausgebildeter Pilot notwendig sei
  • Vorstellbare Szenarios seien
    • Punkt zu Punkt Verbindungen mit großem Zeitgewinn über kurze Strecken (Inseln, Berge, fehlende Infrastruktur, Sicherheit
    • Unbemannter Frachttransport

 

BrigGen a.D. Gerhard Schulz, Leiter RK Bayern

Eindrücke von dem Besuch an der TU München

Eindrücke von dem Besuch an der TU München

Eindrücke von dem Besuch an der TU München

Eindrücke von dem Besuch an der TU München

Prof. Dr. Florian Holzapfel und BG a.D. Gerhard Schulz (von links)

Prof. Dr. Florian Holzapfel und BG a.D. Gerhard Schulz (von links)

Eindrücke von dem Besuch an der TU München

Eindrücke von dem Besuch an der TU München

Prof. Dr. Holzapfel bei seinem Vortrag

Prof. Dr. Holzapfel bei seinem Vortrag