Clausewitz inspiriert Japan: Präsident besucht Mori-Ȏgai-Gedenkstätte in Berlin
Beim Blick auf die erstaunlich gut erhaltene Fotografie fragt man sich unwillkürlich „War es ein japanischer Preuße oder ein preußischer Japaner mit Kaiser-Wilhelm-Bart?“ Das Bild in der Ausstellung entstand in der Zeit zwischen 1884 und 1888, als der japanische Arzt und Schriftsteller Mori Ȏgai in Deutschland lebte und bei berühmten deutschen Medizinprofessoren studierte. Der 1862 geborene Mann beherrschte sieben Sprachen, war ein höchst vielseitig begabtes Genie und dient u.a. auch als Militärarzt. Seine Deutschland-Affinität war ausgeprägt und bekannt. Neben der Verfassung und Übersetzung von diversen medizinischen und allgemein literarischen Schriften übersetzte er auch erstmals Clausewitz‘ „Vom Kriege“ ins Japanische. Dafür musste er teilweise völlig neue Begriffe im Japanischen kreieren, so z.B. „Information“.
Dass Clausewitz bis zum heutigen Tage in Japan bekannt ist und nicht nur von den Offizieren der japanischen Selbstverteidigungskräfte gelesen wird, zeigt das von Takeshi Oki verfasste Kapitel „Clausewitz in the 21st Century Japan“. Es ist in dem von Professor Dr. Reiner Pommerin veröffentlichten Buch „Clausewitz goes global“ enthalten, das 2011 anlässlich des 50-jährigen Bestehens unserer Gesellschaft erschien.
Auf Einladung der Leiterin, Frau Beate Wonde, besuchte der Präsident unserer Gesellschaft, Generalleutnant a.D. Kurt Herrmann, am 23. Juli 2015 die zur Humbold-Universität zu Berlin gehörende Mori-Ȏgai-Gedenkstätte in der Luisenstrasse 39, direkt gegenüber der Vertretung des Landes Sachsen-Anhalt beim Bund. Bei einer Führung durch die geschickt arrangierten Ausstellungsräume erläuterte Frau Wonde sehr sachkundig und faszinierend lebendig Leben und Werk des berühmten Japaners, insbesondere auch seine ausgeprägte Bewunderung für die Erkenntnisse und Überlegungen des Generals Carl von Clausewitz. Unter der einzig authentischen Kopie der Totenmaske von Mori-Ȏgai trug sich Herrmann mit Dankesworten in das Gästebuch der Erinnerungsstätte ein.
In der abschließenden Gesprächsrunde bei traditionell grünem japanischem Tee erörterten Wonde und Herrmann wesentliche Punkte ihrer jeweiligen Tätigkeitsbereiche. Sie ventilierten ebenfalls Möglichkeiten zur künftigen gegenseitigen Unterstützung bei der Wahrung des Erbes der beiden bedeutenden Männer Japans und Deutschlands. Dabei standen das Bemühen um angemessene Übertragung und Darstellung des Vermächtnisses der beiden Geistesgrößen für die heutige Generation und auch für die Zukunft im Mittelpunkt. Wonde und Herrmann stimmten überein, dass u.a. eine vertiefende Kontaktaufnahme zwischen der Mori-Ȏgai-Gedenkstätte und der Clausewitz-Erinnerungsstätte in Burg von wechselseitigem Nutzen sein könne.
Herrmann fasste die Erfahrungen seines Aufenthaltes mit den Worten zusammen: „Ein Besuch dieser Erinnerungsstätte lohnt sich!“