Clausewitz-Forum 2019 in Bonn: Schützen und verteidigen, was besonders schützenswert ist
Resilienz spezieller „Kritischer Infrastrukturen“ im digitalen Zeitalter
Mit einem Hinweis auf die „Janus-köpfigen“ Erscheinungsformen der Digitalisierung eröffnete der Präsident der Clausewitz-Gesellschaft e.V., Generalleutnant a.D. Kurt Herrmann, das diesjährige Clausewitz-Forum. Vor dem gut besetzten Moltkesaal auf der Bonner Hardthöhe wies er darauf hin, dass uns die modernen Informations- und Kommunikationstechnologien einerseits fast unglaubliche Möglichkeiten und Erleichterungen bescheren. Andererseits seien nahezu totale Abhängigkeiten und neue Verwundbarkeiten entstanden.
Das Clausewitz-Forum 2019 befasste sich schwerpunktmäßig mit zwei besonderen Bereichen „Kritischer Infrastrukturen (KRITIS)“: dem Cyber- und Informationsraum (CIR) mit seinen global und umfassend vernetzten Kommunikations- und Informationstechnischen Systemen, und der elektrischen Energieversorgung. Dabei stand die Frage im Fokus, welche sicherheitspolitischen und strategischen Herausforderungen es in dem gerade skizzierten Kontext künftig zu bewältigen gilt.
Einvernehmen bestand bei allen Teilnehmern, dass ein längerer, flächendeckender Ausfall beider KRITIS dramatische Folgen für Staat, Wirtschaft und Gesellschaft haben könnte. Der Schutz und die Verteidigung dieser KRITIS hat somit hohe Priorität bei der gesamtstaatlichen Sicherheitsvorsorge. Da sich gerade im Lichte hybrider Bedrohungen die Grenzen zwischen Krieg und Frieden, aber auch zwischen äußerer und innerer Sicherheit verwischen, kommt der Resilienz von KRITIS, also der Widerstandsfähigkeit und raschen Widerherstellbarkeit der Funktionsfähigkeit nach Störungen oder Ausfällen, besondere Bedeutung zu.
Zunächst stellte Abteilungspräsident Horst Samsel das Bundesamt für die Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) vor und sprach zum Thema „Das BSI gestaltet Cyber-Sicherheit in Deutschland – die Widerstandsfähigkeit für Staat, Wirtschaft und Gesellschaft erhöhen.“ Dabei verdeutlichte er die aus einer ungebremst dynamischen technologischen Entwicklung resultierenden Sicherheits-Herausforderungen. Im Mittelpunkt seiner Ausführungen standen dann u.a. konkrete Risiken und Bedrohungen im Cyberraum, das breite Aufgabenspektrum des BSI, Strukturen von nationalen und internationalen mit Cyber-Sicherheit und Cyber-Abwehr befassten Sicherheitsbehörden und spezifische Aspekte des Cyber-Schutzes von KRITIS.
Oberst i.G. Thomas Bertram, der für das Gemeinsame Lagezentrum im Kommando CIR zuständige Unterabteilungsleiter, ging dann vor allem auf die militärisch relevanten Aspekte beim Schutz von KRITIS ein. Er erläuterte in sehr anschaulicher Weise die einschlägigen Strukturen und Prozesse sowie die spezifischen Anstrengungen zur Gewinnung, Ausbildung und Inübunghaltung von Personal.
Die abschließende Podiumsdiskussion zum Thema „Welche Ansätze, Strategien und konkreten Maßnahmen können hinreichende Sicherheit für KRITIS gewährleisten“ wurde vom Geschäftsführer der CG e.V., Brigadegeneral a.D. Dipl.-Ing. Hans-Herbert Schulz moderiert. Neben den beiden bereits erwähnten Referenten des BSI und des Kommandos CIR, nahmen daran auch Dipl.-Ing Dirk Backofen, Leiter Telekom Security, und Dipl.-Ing. Michael Rogge, Leiter Systemmanagement und Systemführung Netze der Amprion GmbH teil.
Beide Firmenvertreter stellten sehr eindrucksvoll die Grundzüge ihrer Sicherheitskonzepte vor und gingen dabei auch auf den erheblichen Investitionsbedarf für entsprechende Sicherheitsmaßnahmen ein.
In der kompetent sowie erfreulich lebhaft geführten Diskussion, an der sich später auch die Teilnehmer im Auditorium engagiert beteiligten, wurde mehrfach der noch nicht vollständig umgesetzte Paradigmenwechsel bei gesamtstaatlicher Sicherheitsvorsorge im digitalen Zeitalter erwähnt. Weitgehende Übereinstimmung bestand darin, dass auf den betrachteten Feldern eine ressortübergreifende und auch international vernetzte Kooperation unerlässlich ist. Ebenfalls unterstrichen wurden Forderungen nach verbesserter Frühwarn- sowie Attributionsfähigkeit, leistungsfähiger Cyber-Forensik, hinreichender Redundanz von KRITIS, verkürzten Reaktionszeiten für „Abwehr in der Tiefe“, unabhängiger Zertifizierung von Lieferanten und Produkten im Cyber-Bereich und verstärkter Krisenvorbereitung. Insgesamt wurde deutlich, dass es in vielen Bereichen noch viel zu tun gibt, um mit ausreichender Redundanz, Autarkie und Reserven Friktionen begegnen und Gesamtverteidigung unter den Bedingungen von heute gewährleisten zu können.
In seinen abschließenden Bemerkungen unterstrich Präsident Herrmann nochmals die Dringlichkeit entsprechender Vorsorgemaßnahmen zur Gewährleistung von Schutz und Sicherheit der KRITIS. Er dankte allen Akteuren, Teilnehmern und Unterstützern der gelungenen und inhaltlich gewinnbringenden Veranstaltung.
Statement des Präsidenten GenLt a.D. Kurt Herrmann zum und Eindrücke vom diesjährigen Clausewitz-Forum in Bonn
Eindrücke vom Forum: