Innere Führung in der Zeitenwende – Kriegstüchtig und wehrhaft – RK WEST am 3.2.2025
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Am 3. Februar 2025 fand als sechster Vortrag unserer Vortragsreihe „Die Zeitenwende in den Streitkräften“ ein Vortrag zur Inneren Führung, der „Unternehmensphilosophie“ der Bundeswehr, durch den Kommandeur des Zentrums Innere Führung, Herrn Generalmajor Ansgar Meyer, statt. Der Vortrag vor dem Regionalkreis WEST und zahlreichen Gästen wurde vom neuen Leiter des Regionalkreises, Oberst a.D. Michael Warter, moderiert.
Zu Beginn seines Vortrages stimmte Generalmajor Meyer die Zuhörer mit einem durch das Zentrum Innere Führung erstellten Kurzfilm mit dem Titel „„Kriegstüchtig und wehrhaft?“ Die Innere Führung in der Zeitenwende“, auf seinen Vortrag ein. Damit erinnerte er die Anwesenden noch einmal an die politischen und gesellschaftlichen Bedingungen, unter denen 15 Experten vom 5.-9. Oktober 1950 im Kloster Himmerod ein der Bevölkerung gut vermittelbares Konzept zur Aufstellung westdeutscher Streitkräfte erarbeitet haben. Das Ergebnis dieser Tagung fassten sie in der „Himmeroder Denkschrift“ zusammen, sie enthielt wesentliche Gedanken, die beim späteren Aufbau der Bundeswehr umgesetzt wurden. Unter dem Begriff „Inneres Gefüge“ wurde ebenso das ethische und moralische Leitbild für den Soldaten als Staatsbürger in Uniform erarbeitet und damit die Grundlage der Führungskultur der Bundeswehr.
Daran anschließend stellte Herr Generalmajor Meyer die unveränderlichen Konstanten der Inneren Führung
- Integration der Bundeswehr in Staat und Gesellschaft,
- Primat der Politik,
- Begrenzung von Befehl und Gehorsam,
- Führen mit Auftrag und
- das Leitbild vom Staatsbürger in Uniform
heraus.
Zentrales Element bleibt der Staatsbürger in Uniform als idealtypische Forderung an eine freie Persönlichkeit, die als Staatsbürgerin oder Staatsbürger verantwortungsbewusst handelt und eigenverantwortlich ihre/seine individuelle Einsatzbereitschaft für den Auftrag aufrechterhält. Damit dient die Innere Führung jeder Soldatin und jedem Soldaten als Grundlage für ein verantwortliches Handeln und fordert von ihr/ihm zugleich selbst zu denken und nicht blind zu gehorchen. Der Kernbestand der Inneren Führung ist unveränderbar. In einer sich verändernden Welt, kann die Innere Führung jedoch angepasst werden, sollte dies erforderlich sein.
In seinem Vortrag ging Generalmajor Meyer dann darauf ein, dass wir immer im Singular von der Zeitenwende sprechen, die Bundeswehr im Laufe der Jahrzehnte seit ihrer Aufstellung bereits mehrere Zeitenwenden durchlaufen habe. Dabei spannte er den Bogen von der Aufstellung der Bundeswehr, der Aufstellung der Streitkräfte zur Landes- und Bündnisverteidigung entlang der damaligen Innerdeutschen Grenze, über die Wiedervereinigung und das Ende des Kalten Krieges, der Zeit nach dem 9. September 2001 bis hin zur Zeitenwenden-Rede des deutschen Bundeskanzlers vom 26. Februar 2022. Generalmajor Meyer unterstrich dabei, dass die jetzige Ausrichtung auf die Landes- und Bündnisverteidigung keine „Rolle rückwärts“ zu der Situation von vor 1989 sein kann, sondern wir von einer Landes- und Bündnisverteidigung in einer völlig neuen Situation in einer multipolaren Welt sprechen und damit auch auf die Soldatinnen und Soldaten neue Herausforderungen zu kommen. Der Forderung an die Bundeswehr folgend, dass alle Strukturen und Prozesse dem übergeordneten Ziel der Wehrhaftigkeit und für den Fall der Streitkräfte, der Kriegstüchtigkeit dienen müssen, leitete der Vortragende über die Aussagen zur Wehrhaftigkeit und Kriegstüchtigkeit in den Verteidigungspolitischen Richtlinien dazu über, wie die Kriegstüchtigkeit vom Ende her gedacht werden kann, was dies für die einzelnen Soldatinnen und Soldaten bedeutet und welchen Beitrag die Innere Führung dabei spielt.
Generalmajor Meyer führte noch einmal aus, dass während Wehrhaftigkeit als gesamtstaatliche Aufgabe zu sehen ist, sich die Forderung nach Kriegstüchtigkeit an die Soldatinnen und Soldaten richtet. Diese bezieht sich auf:
- den bewussten Einsatz von Leben und Gesundheit durch die Soldatinnen und Soldaten,
- den Willen zu haben, das Recht und die Freiheit des deutschen Volkes tapfer zu verteidigen,
- die personelle und materielle Einsatzbereitschaft,
- auf die Bereitschaft zum Kampf sowie
- auf den Anspruch, erfolgreich im hochintensiven Gefecht zu sein.
Sie verlangt vom Individuum im Gefecht stehend seinem Fluchtinstinkt zu widerstehen und darüber hinaus auch das Richtige zu tun, was bedeutet nicht nur erfolgreich zu kämpfen, sondern dabei auch nach Recht und Gesetz zu handeln. Dies verlangt bereits in der Gefechtsausbildung Bilder zu schaffen, welche die Soldatinnen und Soldaten vor Dilemmata stellt, z.B. wie gehe ich mit Kriegsgefangenen und Gefallenen um. Generalmajor Meyer betonte, dass gerade zur Erreichung des Ziels Kriegstüchtigkeit die Innere Führung einen wichtigen Beitrag leisten kann.
Im Anschluss an den Vortrag entspann sich eine lebhafte und engagierte Aussprache. Unter anderem wurde auch angesprochen wie wichtig es ist, in der gesellschaftlichen Diskussion zu vermitteln, dass der Soldatenberuf kein Beruf wie jeder andere ist und dass Soldatinnen und Soldaten dazu ausgebildet werden müssen kämpfen zu können, um nicht kämpfen zu müssen.
Zum Ende der Veranstaltung dankte der Moderator Herrn Generalmajor Meyer für seinen Vortrag sowie für seine weiterführenden Auskünfte in der Aussprache. Den Teilnehmerinnen und Teilnehmern dankte er für ihre Aufmerksamkeit und die engagierten Fragen und Kommentare. Oberst a.D. Warter beendete die Veranstaltung mit einem kurzen Ausblick auf die nächste Veranstaltung des Regionalkreises mit dem Kommandeur des Kommandos Spezialkräfte, Herrn Brigadegeneral Alexander Krone, am 31. März 2025 und wünschte allen Gästen einen guten Nachhauseweg.
Michael Warter
Oberst a.D. und Leiter Regionalkreis WEST
Bilder: Quelle Stabshauptmann a.D. Thielert, Clausewitz-Gesellschaft e.V. – Regionalkreis WEST